Selbstbild und Landschaft
Die ersten Selbstbildautomaten kamen in den 1880er Jahren auf den Markt. Erstmals hatten Zeitgenossen die Möglichkeit, ein Bild von sich zu gewinnen, ohne ein Atelier eines Berufsfotografen aufsuchen zu müssen. Niemand erteilte Ratschläge, welche Haltung man einnehmen sollte, ob man besser in die Kamera oder in eine andere Richtung blicken sollte. In der Kabine war das Modell autonom und unbeobachtet. Auch wenn solche Fotografien billiger kamen als die Porträts aus dem Studio, hatten sie einen erheblichen Nachteil: Die Kundschaft erhielt eine Wiedergabe auf Blech, die in kein Album passte, und zudem ein Unikat, von dem keine Abzüge zu gewinnen waren.
Aus diesem Grund hielten sich dieserart Automaten nicht lange. Mitte der 1920er Jahre kamen neue Selbstbildautomaten, die von der Firma „Photomaton“ betrieben wurden, zum Einsatz. Sie wurden auf Bahnhöfen und anderen belebten Platzen aufgestellt und lieferten acht Bilder auf einen Streifen Fotopapier. Die Kundschaft konnte also bei jeder Aufnahme eine andere Miene aufsetzen, den Kopf drehen oder auch eine Grimasse schneiden. Mit den rasch aufeinanderfolgenden Selbstdarstellungen war ein Moment des Films, der sich in dieser Zeit zunehmender Popularität erfreute, in die Porträtsequenz eingegangen. Wie auf einer Bühne mochte man unterschiedliche Mienen aufsetzen und wechselnde Posen einnehmen. Dies mag zur Beliebtheit beigetragen haben. Davon unabhängig eigneten sich die kleinformatigen Bilder, um sie in Pässen oder anderen Ausweisen zu verwenden oder ins private Album einzukleben.
An manchen Orten hatte sich die Forma „Photomaton“ einen besonderen Service für Touristen ausgedacht. Angeboten wurden Ansichtskarten, in die ein ovaler Ausschnitt gestanzt worden war, hinter den das Selbstbild aus dem Automaten montiert werden konnte. Die Grußbotschaften und Mitteilungen wurden nicht allein sprachlich getätigt, sondern mit dem Porträt gewissermaßen bildlich unterstrichen. Die Absender waren auf den illustrierten Postkarten in zweifacher Hinsicht präsent: mit ihren Schriftzügen, die ihre Gedanken aufzeichneten, und mit ihren Gesichtszügen, die von der Kamera festgehalten worden waren.
Timm Starl
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